Schnüffeln für eine schnelle Planung

Artikel: Schnüffeln für eine schnelle Planung

Speziell ausgebildete Artenspürhunde finden geschützte Zauneidechsen zuverlässig in nur ein bis zwei Vor-Ort-Aktionen. Damit kommt die zweite Baustufe des Projekts „Eigene Gleise für die S6“ schneller vom Planen ins Bauen. Auch bei den Vorbereitungen für die Nordmainische S-Bahn haben die Spürnasen wertvolle Unterstützung geleistet.

Mit der Nase kurz über den Boden wuseln die Labrador Retriever-Hündin Fenna und die Golden Retriever-Hündin Whisper über das Gelände. Sie sind auf der Suche nach Zauneidechsen – entdecken sie eines der geschützten Tiere, setzen sie sich ruhig hin und starren auf das Versteck. Die beiden Vierbeiner gehören zur Hundestaffel, mit deren Hilfe die DB geschützte Tierarten unter anderem auf Bauflächen ausfindig macht.

„Wir kommen deutlich schneller vom Planen ins Bauen“, sagt Thomas Koppanyi, Projektleiter für die zweite Ausbaustufe der S6, über den Einsatz der Artenspürhunde.

Das Gelände in der Nähe von Friedberg-Ockstadt ist als Ausgleichsfläche für das Projekt „Eigene Gleise für die S6“ vorgesehen. Bei ihrem Einsatz ermitteln die speziell ausgebildeten Artenspürhunde, ob Zauneidechsen dort leben. Denn: „Wir müssen wissen, ob auf der Fläche noch genügend Raum für weitere Echsen ist, die wir von der geplanten Baufläche hierhin umsiedeln möchten“, erklärt Thomas Koppanyi, Projektleiter für die zweite Ausbaustufe der S6.

Diese Aufgabe des Kartierens haben bislang Menschen bewerkstelligt. Der Nachteil: Die entsprechenden Gebiete mussten mehrfach und mit viel Aufwand beobachtet werden – das dauerte bis zu einem Jahr. Die Hunde mit ihren feinen Spürnasen sind deutlich schneller und können die Tiere mit ihrem feinen Geruchssinn zu jeder Jahreszeit und bei fast jedem Wetter zuverlässig ausfindig machen.

Hundeführerin und Ausbilderin Kathleen Spittel-Schnell und Trainer und Hundeführer Robert Schnell führen Fenna (links) und Whisper auf die Ausgleichsfläche für das Projekt „Eigene Gleise für die S6“. Die Vierbeiner sollen erkunden, ob Zauneidechsen dort leben.

Die gewonnenen Erkenntnisse, die Fenna und Whisper auf der Fläche bei Ockstadt zu Tage fördern, erfasst die Hundeführerin Kathleen Spittel-Schnell direkt vor Ort per Tablet in einer digitalen Datenplattform. Damit haben alle Projektbeteiligten jederzeit Zugriff auf aktuelle, valide Informationen zu den festgestellten Arten. DB-Mitarbeitende und Behörden können sich so noch besser und schneller abstimmen. Der Effekt der Kombination aus Digitalisierung und dem Einsatz von Artenspürhunden: „Wir kommen deutlich schneller vom Planen ins Bauen und das Projekt nimmt insgesamt mehr Tempo auf“, sagt Thomas Koppanyi.

Der viergleisige Streckenausbau der S6 zwischen Frankfurt West und Friedberg ist eines der wichtigsten Infrastrukturvorhaben in Hessen. Die erste Bauphase zwischen Frankfurt West und Bad Vilbel hat das DB-Team im Februar erfolgreich abgeschlossen. Für den Ausbau des Abschnitts Bad Vilbel–Friedberg läuft derzeit das erforderliche Planfeststellungsverfahren. Parallel dazu werden die Planungen für den Bauablauf vorangetrieben und die weiteren notwendigen Schritte, dazu gehört auch das Umsiedeln der Zauneidechsen, vorbereitet. „Sobald der Planfeststellungsbeschluss vorliegt, beginnen wir so schnell wie möglich mit den vorbereitenden Maßnahmen wie Vegetationsschnitt oder Grunderwerb“, erläutert der Projektleiter. „Das Ziel ist es, alle Weichen für einen möglichen Baubeginn ab Ende 2026 zu stellen.“

Großprojekt Nordmainische S-Bahn

Auch bei den Vorbereitungen eines weiteren wichtigen DB-Großprojekts in Hessen waren Fenna und Whisper kürzlich im Einsatz: Begleitet von Bauüberwachern und Projektverantwortlichen haben die Artenspürhunde entlang der geplanten Trasse der Nordmainischen S-Bahn erkundet, ob Zauneidechsen dort überwintern. Der Grund: An mehreren Stellen müssen Probebohrungen durchgeführt werden, um Blindgängerverdachtspunkte zu untersuchen. Da die Vierbeiner bei vier von fünf untersuchten Bohrbereichen keine Zauneidechsen entdeckt haben, können die Bohrungen größtenteils stattfinden.

Frauke Kracker, Teamkoordinatorin Artenkartierung und Diensthundewesen bei der Deutschen Bahn erklärt: „Der Vorteil vom Einsatz unserer Artenspürhunde im Vergleich zu herkömmlichen Methoden ist, dass wir in der Regel bereits nach einer Begehung eine Aussage über das Vorhandensein bestimmter Arten, in diesem Fall Zauneidechsen, treffen können. Grundsätzlich sind wir mit unserer vielfältigen Artenspürhundestaffel deutschlandweit im Einsatz.“

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Weiteres hessisches Großprojekt profitiert

Die Nordmainische S-Bahn ist Teil des Infrastrukturentwicklungsprogramms Frankfurt RheinMainplus, das gemeinsam vom Land Hessen, der Stadt Frankfurt am Main, dem Rhein-Main-Verkehrsverbund und der DB vorangetrieben wird. Die zwei zusätzlichen Gleise sollen die Orte Hanau und Maintal direkt mit dem Frankfurter Zentrum verbinden. Außerdem wird die Streckenkapazität erhöht, Nah- und Fernverkehr können getrennt voneinander in der jeweils optimalen Geschwindigkeit fahren. Das DB-Team erwartet in Kürze den Planfeststellungsbeschluss für den ersten Abschnitt, so dass die Arbeiten bald beginnen können.

So werden die Artenspürhunde ausgebildet

Seit 2021 haben DB-eigene Trainer:innen bislang zehn Hunde verschiedener Rassen ausgebildet. Dabei haben die Tiere gelernt, unter Schutz stehende Arten wie Schlingnattern, Gelbbauchunken, Fledermäuse oder Mauer- und Zauneidechsen auf Bahnflächen zu erschnüffeln. Hierfür übten die Hunde deren Gerüche ein – etwa anhand von Eierschalen und abgestoßener Reptilien-Haut. Trainiert wurde dabei sowohl in der Natur als auch mit einer sogenannten Scentbox. Dieser Apparat enthält in verschiedenen Öffnungen Geruchsproben geschützter Tierarten. Für sichere Ergebnisse hat die DB die Trainingsergebnisse bei verschiedenen Witterungsbedingungen in einer Klimakammer geprüft. Wissenschaftler:innen der Universität Innsbruck, der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung begleiteten die Ausbildung der Hunde und ihrer Trainer:innen.