Die Brückenbauer:innen der Erfttalbahn

Artikel: Die Brückenbauer:innen der Erfttalbahn

Die Verbindung zwischen Euskirchen und Bad Münstereifel wurde durch die Flut im vergangenen Jahr nahezu zerstört. Die Kölner Brückeningenieur:innen Markus Wienhusen und Mojgan Krüger-Mahjouri von der DB Netz AG sind für den Wiederaufbau verantwortlich. Ihr Zeitplan ist ehrgeizig.

Als die beiden Kölner Brückeningenieur:innen kurz nach dem Hochwasser an der Erft im Juli vergangenen Jahres die Bahntrasse in Augenschein genommen haben, war das Entsetzen groß. „Das Schadensbild war erschreckend“, erinnert sich Markus Wienhusen. Die Wucht des Wassers hatte zwei Brücken vollständig zerstört, 16 Bahnübergänge wurden unterspült, mehr als 20 Durchlässe beschädigt. Gleisanlagen hingen zum Teil Meter hoch in der Luft. Etwas Vergleichbares hatte er zuvor noch nie gesehen. Von den insgesamt 14 Kilometern Gleisstrecke der Erfttalbahn, die die Städte Bad Münstereifel mit Euskirchen verbindet, hat die Flut zehn Kilometer in Mitleidenschaft gezogen.

Die Brücke an der "Möschemer Mühle" wurde bei der Flut nahezu vollständig zerstört.

Zwei Tage lief Wienhusen mit seiner Kollegin Mojgan Krüger-Mahjouri die gesamte Strecke ab, um das Ausmaß zu dokumentieren. Gemeinsam managen die beiden den Wiederaufbau der Route, die zwar als Nebenstrecke gilt, für die Bewohner:innen der Region aber von hoher Bedeutung ist. „Wir haben durch unsere Besuche vor Ort verstanden, wie wichtig für die Menschen hier in der Voreifel die Verbindung ist“, sagt Krüger-Mahjouri. Seit einem Jahr nun arbeiten die beiden unter Hochdruck an der Instandsetzung.

Ambitionierter Zeitplan

Die DB hat sich vorgenommen, die Erfttalbahn Ende 2023 wieder in Betrieb zu nehmen. Das Zeitfenster ist ambitioniert. Normalerweise werden für eine Brückenerneuerung fünf bis sechs Jahre eingeplant. Hier soll nun alles in nur zweieinhalb Jahren erledigt sein. „Um Zeit einzusparen, laufen Planung und Ausführung parallel“, sagt Wienhusen.

Insgesamt waren durch die Flut in NRW und Rheinland-Pfalz rund 600 Kilometer Schiene, 50 Brücken, 40 Stellwerke, 180 Bahnübergänge und über 100 Bahnhöfe beschädigt worden. Ein Gesamtschaden von etwa 1,3 Milliarden Euro.

Die Arbeit hat ihre Tücken. Denn viele Schäden waren mit dem bloßen Auge nicht zu identifizieren. Durch das Wasser sind etwa unter der Erde Hohlräume entstanden, die nur mit Hilfe von Geo-Radar-Messungen zu erkennen waren. Im Mittelpunkt des Wiederaufbaus der Erfttalbahn steht nun aber die Hochwasserresilienz. Also die Frage, wie man vor allem Brücken so wieder aufbaut, dass sie möglichen kommenden Fluten besser Stand halten können. Dabei haben die beiden Ingenieur:innen Neuland betreten. Denn Vorgaben, die einen Wasseranstieg wie den im vergangenen Sommer berücksichtigen, gab es bislang nicht. „Bisher wurden Brücken nach den behördlichen Richtlinien des statistisch ermittelten Jahrhunderthochwassers errichtet“, sagt Krüger-Mahjouri. Die Flut vom Juli 2021 hatte die bisherigen Rekordpegelstände allerdings bei Weitem übertroffen.

Neue Brücken aus Stahl und Stahlbeton

Schnell wurde klar, dass etwa die aus Mauerwerk geformte Drei-Bogen-Brücke an der „Möschemer Mühle“ keine Zukunft mehr hat. Sie wurde ebenso wie die Überführung in Kirspenich bereits abgerissen. Die neuen Brücken werden aus Stahl und Stahlbeton gebaut, die Durchlässe für das Wasser deutlich erweitert und die Gründung der Brücken nicht mehr flach angelegt, sondern sieben Meter tief in die Erde getrieben. „Auf diese Weise“, sagt Wienhusen, „sind die Brücken besser vor Unterspülung geschützt.“

Die Brücke in Kirspenich wird neu gebaut.

Doch nicht nur die Überführungen fielen dem Hochwasser zum Opfer, auch Schwellen wurden deformiert oder ganz rausgerissen, der Schotter durch das Treibgut unbrauchbar gemacht. Mehrere Tausend Schwellen müssen ersetzt, tausende Tonnen Schotter neu ausgebracht werden.

Seit zwei Jahren arbeiten Krüger-Mahjouri und Wienhusen gemeinsam für das in Köln angesiedelte Ingenieursteam der DB Netz AG unter der Leitung von Sebastian Hermanns. Normalerweise werden Brückenprojekte von nur einer Person betreut. Im Fall der Erfttalbahn teilen sich die beiden Kolleg:innen die Aufgaben, um schneller sein zu können. Bis zum geplanten Start der neuen Erfttalbahn im Dezember 2023 steht für die beiden noch viel Arbeit an. „Es gibt viel zu tun“, sagt Krüger-Mahjouri, „aber es erfüllt mich mit Stolz, bei diesem Wiederaufbau dabei sein zu dürfen.“