„Jeder Lufthanseat schaut immer mal zur Bahn rüber“

Artikel: „Jeder Lufthanseat schaut immer mal zur Bahn rüber“

Die Corona-Pandemie traf die Luftfahrt hart und viele Mitarbeitenden mussten in Kurzarbeit. Da reifte beim Lufthanseaten Joachim Schweizer der Plan, sich beruflich nochmal zu verändern. Heute ist er Chef von 730 Mitarbeiter:innen im Bordservice bei DB Fernverkehr. Für ihn war schnell klar, die DB ist viel innovativer als ihr Ruf. Über das Ankommen in der Bahnwelt und wie das Leben manchmal von Zufällen geprägt wird.

Der Zufall brachte Joachim Schweizer in seinen neuen Job: Nach einer Recruiting-Veranstaltung der DB für Lufthansa-Mitarbeiter schaute der damalige Lufthanseat im April 2021 aus Neugier auf der Karriere-Seite der DB vorbei und wurde direkt fündig. Er stieß auf die Stellenausschreibung zum Leiter Bordservice – eine Führungsposition, die nicht alle Tage ausgeschrieben wird. „Im Nachhinein betrachtet war das ein wahnsinniges Glück. Denn eigentlich war ich gar nicht die Zielgruppe der Veranstaltung, aber ich hatte Zeit und war neugierig“, sagt der 51-Jährige.

Am 1. Oktober 2021 hatte er seinen ersten Arbeitstag bei DB Fernverkehr. Zu seinem Team gehören 15 Gruppenleiter:innen und 730 Mitarbeiter:innen im Bordservice für die Region Mitte. Auch bei Lufthansa war er in den vergangenen Jahren in einer ähnlichen Management-Position und verantwortlich für mehr als 1.000 Kabinen-Mitarbeiter:innen.

Zwei gute Nachrichten an einem Tag

Er erinnert sich noch gerne an einen denkwürdigen Tag Anfang Juni 2021 zurück: „Ich war nach längerer Zeit mal wieder im Büro am Flughafen, als ich einen Anruf bekam: In Mainz war eine Impfdosis übrig, ob ich schnell kommen wollte. Zu dem Zeitpunkt war das noch etwas Besonderes“, erinnert er sich. Und ein paar Stunden später, als er gerade frisch geimpft wieder im Auto saß, kam der nächste Anruf – diesmal von der DB mit der Jobzusage. „Da war ich dann endgültig fix und fertig!“

Der Wechsel zur DB wurde nach 25 Jahren Lufthansa zum wichtigen und gleichzeitig aufregenden Schritt. Eins ist Schweizer wichtig: Die DB ist eine innovative Arbeitgeberin und viel attraktiver, als viele meinen. „Jeder Lufthanseat schaut immer mal zur Bahn rüber, das war auch vor Corona schon so“, sagt er. „Ich frage mich regelmäßig: Warum ist die Bahn nicht selbstbewusster? Das könnte sie wirklich sein!“ Auch wenn die Luftfahrt attraktiv erscheine, der Glamourfaktor nutze sich irgendwann ab. „Dann zählen moderne Arbeitszeitmodelle und die Jobsicherheit einfach mehr. Und die gibt es bei der DB.“


Zwei verwandte Aufgaben, ein großer Unterschied

Dennoch hat Schweizer der Fliegerei natürlich viel zu verdanken. „Sie hat mich gelehrt, was mir auch heute noch wichtig ist: immer im Sinne des Kunden zu handeln.“ Er kam 1996 zur Lufthansa, wo er lange als Flugbegleiter und später als Purser an der Schnittstelle zwischen Cockpit und Kabinen-Crew arbeitete. 2004 wechselte er an den Boden. Hier war er dann unter anderem für 1.000 Mitarbeiter:innen im Bereich Kabinen-Crews verantwortlich. Ein wichtiges Projekt war für ihn auch die Mitarbeit an der Kabinen-Konzeption für den Airbus A380.

Der größte Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Job? „Im Büro gibt es keine so großen Unterschiede. Aber der Service am Gast ist natürlich etwas ganz anderes: Im Flugzeug hat man für Stunden mit denselben Menschen zu tun. Im Zug kommen und gehen die Leute. Das macht den Bordservice um einiges komplexer.“ So warten neue Aufgaben auf ihn – zum Beispiel auch, alte Kolleg:innen bei der DB zu begrüßen. Schon im März kamen zehn externe Zugchef:innen im Quereinstieg in Schweizers Team, fast die Hälfte davon aus der Luftfahrt. „Es gibt eine richtige kleine Airline-Community innerhalb der Bahn.“ So schließt sich am Ende der Kreis.

Welchem Flugzeug gehört Ihr Herz?

Ganz klar der A380. Ich war an ihrer Entwicklung beteiligt, das verbindet auf immer.

Und der schönste Zug für Sie ist ... ?

Der ICE 4 – ich mag es modern und ich bin auch schon sehr auf den ICE 3neo gespannt.

Wohin möchten Sie als erstes, wenn es wieder geht?

Ich will unbedingt mal ein Instandhaltungswerk besuchen und mir die Wartung „unserer“ Bereiche anschauen, nämlich der Galley und der Klimaanlagen. Das würde mich sehr interessieren!