„Keine Angst in Männerdomänen!“

Artikel: „Keine Angst in Männerdomänen!“

Am 11. Mai startet der „Female ICE“ von München nach Berlin. Das Netzwerk „Frauen bei der Bahn“ will damit Frauen Mut machen, Jobs in vermeintlichen Männerdomänen und Führungspositionen zu erobern. Im Führerstand des „Female ICE“ sitzt natürlich eine Frau: Triebfahrzeugführerin Claudia Franke.

Der „Female ICE“ befördert zwar ganz regulär Fahrgäste, in einem Sonderwagen jedoch hören 50 DB-Kolleginnen Vorträge, nehmen an Impulsgesprächen teil und netzwerken. Im Zug und entlang der Strecke, an Bahnhöfen, Betriebszentralen, Baustellen und Stellwerken unterstützen mehr als 500 DB-Frauen den „Female ICE“. Mit dieser Aktion will das DB-Netzwerk „Frauen bei der Bahn“ auf die Frauen im Konzern aufmerksam machen und sie ermutigen, Jobs in Männerdomänen und Führungspositionen anzustreben. Dieser spezielle ICE 4 ist an den Frauen-Silhouetten des Netzwerklogos zu erkennen und wird einige Wochen in Deutschland unterwegs sein.


Claudia Franke aus Augsburg ist seit 14 Jahren Lokführerin der Einsatzstelle München. Züge sind die Leidenschaft der 36-Jährigen.

Wie sind Sie Triebfahrzeugführerin (Tf) geworden?

Ich komme aus einer Eisenbahner-Familie, mein Opa zum Beispiel war Wagenmeister. Schon als Kind habe ich Züge geliebt – das ist bis heute meine Leidenschaft. Trotzdem hatte ich in der Schule den Ausbildungsberuf Eisenbahner:in im Betriebsdienst Fachrichtung Lokführer/Transport (EiB L/T) nicht auf dem Schirm. Ich habe zuerst eine kaufmännische Ausbildung bei der DB absolviert und war Gastro-Stewardess im Fernverkehr. 2005 habe ich aber doch die Ausbildung zum EiB L/T bei der S-Bahn München drangehängt.

Danach sind Sie aber bald ICE gefahren?

Ich habe mich 2008 bei DB Fernverkehr beworben. Elf Jahre war ich in der ICE-Zugbereitstellung, unter anderem als Fahrtrainerin. Ich habe viele Probefahrten nach Fristen, Reparaturen und nach Auffälligkeiten für das ICE-Werk gemacht. 2019 bin ich in den Streckendienst gewechselt, weil ich neue Herausforderungen gesucht habe und mein Wissen besser einbringen wollte.

Weibliche Tf sind in der Ausbildung und im Arbeitsalltag selten. Welche Auswirkungen hat das?

In meinem Lehrjahr war ich die einzige Frau, aber ich wurde wie die anderen Azubis behandelt. Ich habe angepackt und zum Beispiel wie alle anderen kuppeln gelernt, auch wenn man sich mit dem Pufferfett dreckig gemacht hat. Ich wollte nicht anders behandelt werden und das wurde ich auch nicht. Das war gut so.

War das im Arbeitsalltag anders?

Ein wenig. Am Anfang haben mich die Kollegen erstmal richtig eingespannt und geschaut, was sie mir an Arbeiten zumuten können und was ich leisten kann. Aber ich habe das als Herausforderung gesehen. Es hat mir Spaß gemacht, wenn es mal etwas anstrengender und komplizierter wurde. Schließlich habe ich diese Spezialaufgaben geliebt: Etwa mit einer Lok einen ICE abschleppen. Oder den Triebkopf eines ICE 1 abbauen und damit durch München fahren.

Wie ist das Verhältnis zu den männlichen Kollegen?

Unterschiedlich. Es gab tolle Kollegen, die mich als vollwertige Kollegin akzeptiert und respektiert haben. Einige haben mich spüren lassen, dass ich als Frau ihrer Meinung nach nichts in diesem Beruf zu suchen habe.

Was raten Sie Frauen in einem sogenannten Männerberuf, die sich nicht anerkannt fühlen?

Sie sollten gute Arbeit leisten und sich Gehör verschaffen. Und vor allem dürfen sie keine Angst haben! Der offene Umgang mit den Kollegen ist eine solide Basis für ein gutes Berufsleben. Wer sich davon nicht abschrecken lässt und sich für diesen Beruf interessiert, der sollte unbedingt Tf werden. Für mich ist das nicht nur ein Job, sondern ein Beruf aus Leidenschaft und Interesse, den sowohl Frauen als auch Männer ausüben können.

Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?

Die Fahrzeuge interessieren mich seit meiner Kindheit. Ich liebe es, mit ihnen unterwegs zu sein. Außerdem erlebe ich wunderschöne Momente in der Natur – Sonnenauf- und -untergänge, die Jahreszeiten. Im Führerstand arbeite ich selbstbestimmt, bin sozusagen mein „eigener Herr“. Ich freue mich, wenn ich bei Verspätungen ein paar Minuten wieder ‚reinfahren‘ konnte oder wenn es in kniffeligen Situationen eine gute Zusammenarbeit mit allen Beteiligten gab. Besonders schön ist es, wenn ich am Zielbahnhof aussteige und sich ein Fahrgast für die schöne Fahrt bedankt.

Und wo liegen die Herausforderungen?

Einmal in der großen Verantwortung. Ein:e Triebfahrzeugführer:in muss zu jeder Zeit höchst konzentriert und fokussiert sein, um alle Eindrücke sofort zu verarbeiten und richtig zu handeln. Der Schichtdienst ist auch eine Herausforderung, da die Arbeitszeiten ständig wechseln und die Schichten lang und gut mit Arbeit gefüllt sind.


Mehr zum „Female ICE“

Mehr Informationen zu der Aktion „Female ICE“ finden Sie in Gruppen bei LinkedIn („The DB's Women Network“), Xing („Frauen bei der Bahn“) und Instagram („db_frauenbeiderbahn“).

Aktuelle Infos zum „Female ICE“ gibt es unter www.bewegendefrauenamzug.de. Der Zug startet um 9:55 Uhr in München und wird um 14.25 Uhr in Berlin Hauptbahnhof erwartet. DB-Vorstand Martin Seiler und Oberbürgermeisterin Franziska Giffey nehmen ihn in Empfang.

Der „Female ICE“ wird einige Wochen durch Deutschland fahren. Er ist an den Frauen-Silhouetten des Netzwerklogos zu erkennen. Wer ihn entdeckt und fotografiert, kann das Foto unter #femaleICE auf Social-Media-Kanälen posten und an frauen@deutschebahn.com mailen. Das beste Foto gewinnt einen Überraschungspreis.