Bei den kleinen Strolchen

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Artikel: Bei den kleinen Strolchen

In enger Zusammenarbeit mit dem Kinderheim „Kleine Strolche“ haben acht DB-Azubis eine Aufklärungskampagne zum Thema häusliche Gewalt gegen Kinder entwickelt. Damit belegten sie beim Wettbewerb „Bahn-Azubis gegen Hass und Gewalt“ den ersten Platz. Ein Jahr später sind die acht Auszubildenden zu Besuch im Therapiezentrum des Kinderheims – und packen mit an.

Quelle: DB AG

„Die Aufklärung liegt uns besonders am Herzen, da es immer noch ein Tabuthema in unserer Gesellschaft ist“, erklärt Ana-Laura Stroka vom achtköpfigen Team des Kinderheims. Das bestätigte auch Bernhard Schubert, Geschäftsführer des Kinderheims: „Wir erleben hier täglich die seelischen Folgen von häuslicher Gewalt und sind den Bahn-Azubis sehr dankbar, dass das Thema mehr in den Blickpunkt der Gesellschaft gerückt wird.“

Ein Ort zum Ankommen, Wohlfühlen – und Heilen

Quelle: DB/Lisa Pawlowski-Neuber

Doch nicht nur über das Thema selbst wird zu viel geschwiegen, auch über Kinderheime im Allgemeinen. Mit den kahlen, tristen Räumen, wie wir sie aus Filmen kennen, haben diese nämlich nichts gemein. „All unsere Häuser, in denen aktuell rund 70 Kinder leben, haben wir so gestaltet, als würden wir selbst darin wohnen.

Bei den Strolchen leben Kinder zwischen null und sechs Jahren. Viele von ihnen haben in ihren eigenen Familien bisher nur Gewalt, Misshandlungen oder Vernachlässigungen erlebt und sind meist traumatisiert. Oft bedarf es dann umfangreicher und meist lebenslanger Therapien, um diese Kinder in ein normales Leben zurückzuführen.

Therapien, die Geschäftsführer Bernhard Schubert nur allzu gern ermöglicht. 2018 kaufte er deswegen das alte Rittergut Ovelgönne in Bücken. Das historische Fachwerkhaus samt Pferdestall, Koppel und großem Abenteuerspielplatz, idyllisch gelegen zwischen Wiesen, Feldern und kleinen Wäldchen, wird mittlerweile für heilpädagogische und psychotherapeutische Angebote genutzt. Der Schwerpunkt liegt auf therapeutischem Reiten.

Das Glück der Erde…

Der Vorteil der tiergestützten Therapie ist, dass Tiere schlicht und einfach unvoreingenommen sind. Sie scheren sich nicht um körperliche oder seelische Makel und nehmen ein Kind so an, wie es eben ist. Besonders Pferde sind als Herdentiere soziale Wesen, die auf ihr Umfeld reagieren. In der therapeutischen Arbeit wird diese Eigenschaft genutzt, um den Umgang mit anderen Lebewesen zu erlernen.

Einfühlsames Engagement

Quelle: DB/Lisa Pawlowski-Neuber
Tierische Therapeuten: Paddy und Fly

Bevor die Auszubildenden jedoch eine Therapiestunde begleiten dürfen, gibts erst mal eines zu tun: Stallarbeit! Und da kommen der Therapeutin die freiwilligen Helfer:innen nur allzu recht. Während also ein Teil die Decken der Pferde Fly, Paddy, Blitz, Merlin, Paddington und Lillifee enthaart und entstaubt, kümmert sich der Rest um die Sattelpflege und äppelt die Koppel ab – selbstverständlich inklusive ausgiebiger Streicheleinheiten.

Jedes Kind hat sein Päckchen zu tragen. Dabei kann ein Kind mehr belastet sein, das andere ist vielleicht schon ein bisschen fröhlicher. Im Umgang mit den Kindern ist es vor allem wichtig, dass man ihnen ihren Raum lässt, falls sie sich zurückziehen und etwas schüchtern sind. Ansonsten würden sich Leonie und Leon (Namen von der Redaktion geändert) schon darauf freuen, den Erwachsenen zu zeigen, wie man Pferde putzt und sattelt.

Ein aufregender Tag für Groß und Klein

Als Leonie und Leon dann wenig später eintreffen, lassen sich die acht Auszubildenden schnell von ihrer Energie anstecken. Die Kleinen freuen sich darauf, die Pferde zu striegeln, die Hufe zu putzen und teilen ihr Wissen gern mit den Großen. Die wiederum fragen zwischendurch immer wieder nach, ob sie alles richtig machen und nehmen die Tipps der kleinen Expert:innen dankbar an. Sobald das Fell wieder glänzt, die Mähne in Form gebracht und die Hufe sauber sind, gehts ans Satteln und dann auch schon ohne Umschweife raus aufs Gelände. Weil bei den kleinen Strolchen aber hauptsächlich Shetland-Ponys wohnen, dürfen es sich nur Leonie und Leon im Sattel bequem machen – der Rest spaziert im Entenmarsch hinterher.

„Wenn man die zwei Kleinen so sieht, wie sie da lachend auf den Pferden sitzen, vergisst man schnell, warum sie überhaupt hier sind“, bemerkt eine Auszubildene nach einer Weile. Und tatsächlich: Leonie und Leon haben sichtlich Spaß beim Ausritt, schauen sich immer wieder neugierig nach den Erwachsenen um und plappern fröhlich mit Hannah, die direkt neben ihnen läuft.

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Ende des Sliders

Bald darauf geht es für die acht Azubis wieder gen Heimat. Sie schmieden mit Sonja schon die nächsten Pläne. „Ein Insektenhotel mit DB-Logo auf der Obstbaumwiese, das wäre doch was für den Sommer!“

So können auch Sie helfen

Die Grundversorgung des Kinderheims wird vom Staat, das Therapiezentrum jedoch komplett privat finanziert. Damit das Team sein Angebot langfristig anbieten und den Kindern weiterhin helfen kann, werden immer Botschafter:innen, Unterstützer:innen, Spender:innen und Sponsor:innen gesucht. Mehr Infos rund um die Themen Spenden & Helfen sowie alles weitere zu den kleinen Strolchen, lesen Sie hier.

Über Bahn-Azubis gegen Hass und Gewalt

Seit mittlerweile 22 Jahren würdigt die DB im Rahmen des Wettbewerbs „Bahn-Azubis gegen Hass und Gewalt“ das Engagement ihrer Nachwuchskräfte für eine offene Gesellschaft ohne Diskriminierung. Seither haben über 13.000 Auszubildende rund 1.500 Projekte verwirklicht – und dadurch in ganz Deutschland Zeichen für ein respektvolles und tolerantes Miteinander gesetzt. Auch die acht Azubis des Fernverkehrs Dortmund/Münster haben an diesem Wettbewerb teilgenommen – und den ersten Platz belegt.