Berlins neue S-Bahn sorgt für „Schaumparty“ im Werk Grünau

Die eine geht, die andere kommt. Während von der neuen Berliner S-Bahn-Baureihe 483/484 immer mehr Züge auf den Gleisen vor dem Werk in Grünau zu sehen sind, kündigt sich langsam der Abschied von der DDR-Baureihe 485, der „Coladose“, an. Auch auf der 41 Kilometer langen S-Bahn-Linie S46 sind inzwischen die neuen Fahrzeuge von Siemens und Stadler anzutreffen. Noch vor Kurzem pendelte die Coladose, die ihren Namen in den 90er-Jahren durch ihr rotes Farbkleid mit dunkelgrauem Kontraststreifen erhalten hatte, zwischen Königs Wusterhausen und Berlin-Westend. Mittlerweile ist die 485 aber auch sie seit knapp 20 Jahren in den bekannten Berliner Traditionsfarben bordeauxrot-ockergelb unterwegs.

Die Coladose sagt adieu

Nun verabschiedet sich die Coladose durch die weiteren Lieferungen der Baureihe 483/484 immer weiter. Laut Umstellungsfahrplan der weiteren Linien, die zum Ringnetz gehören wird nach der S47 und der S45 als nächstes die S8 (Wildau-Birkenwerder) am 14. Oktober auf die neue Baureihe umgestellt. „In zwei Schritten folgen die Ringlinien S41 und S42“, so S-Bahn-Chef Peter Buchner. Im Frühjahr 2023 wird der grundlegende 10-Minuten-Takt auf die Neubaufahrzeuge umgestellt – im Herbst auch der Ergänzungstakt in den Hauptverkehrszeiten. „Wir haben dann auch so viele Fahrzeuge, dass wir den Ring von Sechs-Wagen- auf Acht-Wagen-Züge umstellen können“, freute sich Buchner. Insgesamt stehen nach dem Abschluss der Lieferung der 483/484 Ende 2023 zusätzliche 106 Viertelzüge für künftige Mehrverkehre der S-Bahn Berlin zur Verfügung.

Mitte April 2023 fahren indes die letzten Coladosen durchs Netz. Damit geht auch ein Kapitel S-Bahn-Geschichte zu Ende. Doch längst ist mit der neuen Baureihe 483/484 ein neues aufgeschlagen worden. Die Fahrgäste dürfen sich über deutlich mehr Komfort freuen, wie zum Beispiel über die Klimaanlage der Neuen. Aber auch der ruhige Lauf der Fahrzeuge, die Mehrzweckabteile oder die Fahrgastinformationssysteme sind ein großes Plus der 483/484. Nur sind sich die Eisenbahngelehrten noch nicht ganz sicher beim Spitznamen der Neuen. Ist sie nun das „Tablet“, „Toastbrot bzw. Bernd das Brot“ oder der „Lichtschalter“?

Alle 13 Tage eine Vollwäsche

In jedem Fall bekommt die neue Baureihe spätestens alle 13 Tage eine Vollwäsche. Denn in diesem Abstand müssen die Fahrzeuge laut Verkehrsvertrag in der neuen Außenreinigungsanlage (ARA) in Berlin-Grünau gewaschen werden. In knapp 13 Minuten wandert der Portalkran mit den Waschbürsten den Vollzug entlang. Die 160 Meter lange Anlage des polnischen Herstellers Achat bringt einige Vorteile mit sich: So können die Fahrzeuge im Stand aber auch bei der Durchfahrt gewaschen werden. Bei der letzteren Option bewegen sich die Fahrzeuge auch aus eigener Kraft durch die ARA, denn die Stromschiene bleibt aktiv. Die Anlage kann außerdem das Brauchwasser aufbereiten (ein Vollwaschgang benötigt 3200 Liter) und zu 85-90 Prozent wieder verwenden. „Im Winter können wir außerdem Heizgeräte anschließen und vereiste Drehgestelle in der ARA auftauen“, so Werksleiter Dirk Retzke, der froh ist, dass nun zwei Jahre Standwäsche per Hand zu Ende gehen.

Das Trio ist wieder komplett

Zuerst musste im März 2020 die alte Anlage vor dem Neubau demontiert werden. Während die Gründungsarbeiten schnell vorangingen, machten Lieferverzögerungen durch die Corona-Pandemie dem Projektteam zu schaffen. Ohnehin war der Neubau solch einer Anlage mitten im Gleisvorfeld des Grünauer Werks kein Zuckerschlecken, erklärte Dirk Retzke. Schließlich mussten die Materialen trotz der beengten Verhältnisse rechtzeitig zum Baufeld gelangen. Doch nun komplettiert die Grünauer Anlage das Trio der Berliner Waschanlagen im Werk Friedrichsfelde sowie im Werk Wannsee.