Das „S3-Projekt Langsamfahrstellen“

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Artikel: Das „S3-Projekt Langsamfahrstellen“

Die Betriebsqualität des Netzes wird unter anderem von Langsamfahrstellen bestimmt. Züge müssen etwa wegen Mängeln an den Gleisen langsamer fahren als vorgesehen. Mit der Überalterung des Netzes steigt auch die Zahl der La-Stellen an. Hier gegenzusteuern, ist Gegenstand dieses Projekts. Durch den klaren Fokus auf das pünktlichkeitsrelevante Netz zeichnet sich bereits in diesem Jahr eine Trendumkehr gegenüber 2023 ab. Im Jahr 2027 soll ein beherrschbares Niveau von etwa 200 La-Stellen pro Tag erreicht werden. Heike Junge-Latz, Vorständin Anlagen- und Instandhaltungsmanagement bei DB InfraGO, verantwortet die Projekte Anlagenerneuerung und Langsamfahrstellen.

Wichtigste Kennzahl: Anzahl der Langsamfahrstellen pro Tag, jeweils im Gesamtnetz, sowie anteilig im Hochleistungsnetz und im Flächennetz.

Sechs Fragen an Heike Junge-Latz

Worum geht es im Projekt „Langsamfahrstellen“?

Porträtbild von Heike Junge-Latz
Porträtbild von Heike Junge-Latz
Quelle: DB InfraGO AG/Tom Maurer Photography 2025

Wenn wir auf unserer Infrastruktur Langsamfahrstellen – kurz La – für die Züge einrichten müssen, passiert das meist kurzfristig, weil an der Infrastruktur etwas nicht in Ordnung ist. Das können Oberbaumängel sein, die aus Gleislagefehler, defekten Weichen oder Schäden an Schwellen resultieren, aber auch Untergrundmängel wie Schlammstellen und Dämmen.Die Anzahl der Langsamfahrstellen ist in den vergangenen Jahren immer größer geworden, da Investitionen in die Infrastruktur versäumt wurden. Das Netz ist störanfälliger: Langsamfahrstellen, also Gleisabschnitte einer Bahnstrecke, die nicht mit der für diesen Streckenabschnitt zulässigen Höchstgeschwindigkeit befahren werden dürfen, sind eine Folge davon. Diese beeinflussen die Pünktlichkeit. Deswegen ist unser Ziel, den seit 2022 stetig steigenden Zuwachs an Langsamfahrstellen zu stoppen und eine Wende einzuleiten. Ein wichtiger Beitrag zum Sanierungsprogramm S3 in der Säule Infrastruktur!

Was ist die entscheidende Veränderung im Projekt, damit S3 die Wende bringt?

Wir haben uns bei der Beseitigung von Langsamfahrstellen anders aufgestellt. Langsamfahrstellen aufzuheben, erfordert einen hohen Einsatz von Ressourcen: Mitarbeitende aus der operativen Instandhaltung müssen kurzfristig Langsamfahrstellen beseitigen – und fehlen an anderer Stelle. Ein Hebel ist – sehr vereinfacht ausgedrückt - mehr Ressourcen aufzubauen, um die Langsamfahrstellen schneller beseitigen zu können. Dies geht leider nur in begrenztem Maße, da neue Stopfmaschinen nicht innerhalb von ein bis zwei Jahren zu beschaffen sind.

Welche Schritte sind geplant, damit das Projekt im Plan fertiggestellt wird?

Mit dem Projekt BLAST (Beseitigung Langsamfahrstellen) verfolgen wir das Ziel, zum einen den Anstieg an Langsamfahrstellen aus den vergangenen Jahren zu stoppen und insgesamt die Zahl bis 2027 unter 200 Langsamfahrstellen im Jahresmittel deutlich zu reduzieren. Bereits im vergangenen Jahr haben wir begonnen, das Beseitigen von Langsamfahrstellen von operativen Instandhaltungsaufgaben zu trennen. In den Regionen wurden eigens Fahrzeuge und Mitarbeitende bereitgestellt, um das operative Regelgeschäft nicht durch kurzfristige „Feuerwehreinsätze“ zu stören. Doch die Kapazität reicht bei weitem noch nicht aus. Darüber hinaus werden wir die aktuell wachsende Zahl an Langsamfahrstellen durch die Umsetzung effektiver Präventionsprogramme verringern.Ein Beispiel dafür ist das SR100-Programm, mit dem wir gezielt Maschinen in Schwerpunktregionen einsetzen, um Mängel frühzeitig zu beheben, bevor sie überhaupt zu Langsamfahrstellen führen. In den vergangenen Monaten haben wir bereits hart gearbeitet und große Fortschritte erzielt: Den Jahreshöchstwert 2024 haben wir zum Ende desselben Jahres um knapp 43 Prozent reduziert. Doch sind wir weit vom Zielzustand weg, in dem wir es schaffen alle Mängel zu beheben, bevor sie zur La werden. Und wir müssen auch sehen: Es gibt schnell zu lösende Fälle und komplexere Fälle etwa Brückensanierungen. Die dauern einfach länger.

Was ist das größte Hindernis bei diesem Projekt?

Wir haben in diesem Projekt zahlreiche Zielkonflikte. Schneller Instand zu setzen, kostet mehr Geld und braucht kurzfristig Sperrzeiten. Wir müssen aber auch die Zahl der baubetroffenen Züge im Auge behalten, weil das auch eine wichtige Kenngröße ist, mit der wir die Qualität steuern. Auch über die Kosten müssen wir reden, um unseren Investitionsbedarf langfristig abzusichern.

Wo steht das Projekt aktuell?

Wir haben die anspruchsvollen S3-Ziele bisher erreicht. Um das Niveau zu halten, werden wir hart arbeiten müssen. Wir haben ein gutes Portfolio an Maßnahmen und reagieren auf Veränderungen sehr schnell. Das ist in Anbetracht der vielen tausend Menschen, die in der Operativen für die eigentlichen Ergebnisse des Projektes sorgen, und der Volatilität der Anforderungen aus dem betrieblichen Tagesgeschäft, eine riesige Team-Leistung.

Bitte vervollständigen Sie diesen Satz: „Wir brauchen für dieses Projekt…“

… die volle Kraft aller im Ressort Anlagen und Instandhaltung! Um Verständnis werben möchte ich bei den EVU. Ich weiß, dass der Zustand der Infrastruktur massive Auswirkungen auf das tägliche Geschäft hat. Wir werden hier Stück für Stück besser – die La-Zahlen zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.