Das S3- Projekt „SB² - Bauen im Takt“

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Artikel: Das S3- Projekt „SB² - Bauen im Takt“

Schritt für Schritt zurück auf Kurs: In diesem Projekt geht es um die bessere Vereinbarung von Fahren und Bauen. Dazu wird das gesamte Bau- und Instandhaltungssystem revolutioniert und in ein vertaktetes System von Sperrpausen überführt. Ziel ist, dass weniger Züge kurzfristig von Bau-/Instandhaltungs-Maßnahmen betroffen werden. Ein verlässlicheres Bahnsystem ist die positive Folge.Bau- und Erneuerungsbedarfe der Infrastruktur werden dabei zunächst erhoben und zu kleineren, mittleren oder auch mal zu sehr großen Paketen gebündelt. Diese Pakete (bzw. wir nennen sie „Container“) werden dann möglichst clever und sehr frühzeitig im Fahrplan verarbeitet. Kommt mal etwas unvorhergesehenes, versuchen wir die Arbeiten in den bereits existierenden Containern noch unterzubringen.
Porträt von Christian Gruß
Porträt von Christian Gruß
Quelle: DB InfraGO AG / TOM MAURER PHOTOGRAPHY 2024

Sechs Fragen an Christian Gruß, Vorstand Betrieb, Fahrplan, Vertrieb und Kapazitätsmanagement bei der DB InfraGO AG, über die Zielsetzung von „Bauen im Takt“, die Herausforderungen und den aktuellen Stand.

Worum geht es im Projekt „Bauen im Takt“?

Für ein leistungsfähiges Schienennetz sowie mehr Qualität und Pünktlichkeit im Zugverkehr bauen wir so viel wie noch nie – und das ist sehr gut so! An Spitzentagen haben wir circa 1.000 Baustellen gleichzeitig auf unserer Infrastruktur – und zeitgleich natürlich circa 50.000 Zugfahrten pro Tag.

Unser bisheriges System stößt damit an seine Grenzen. Deshalb mussten wir uns einen anderen Ansatz erarbeiten. Unser großes Ziel ist die gleichzeitige Versöhnung von drei Aspekten:

  1. Zuverlässigkeit und Planbarkeit erhöhen (die Eisenbahn ist ein nahezu vollständig geplantes System; Stabilität ist da ein hohes Gut)
  2. Ausreichend Zeit für Bau- und Instandhaltungsarbeiten zur Verfügung stellen
  3. Sicheren und möglichst pünktlichen Eisenbahnbetrieb ermöglichen

Das heißt: Kurzfristige Sperrungen wollen wir vermeiden und Reisenden sowie Güterverkehrsunternehmen einen zuverlässigen Fahrplan anbieten.

Was ist die entscheidende Veränderung im Projekt, damit S3 die Wende bringt? 

Bei „Bauen im Takt“ entkoppeln wir zwei Prozesse, die sehr unterschiedliche Durchlaufzeiten haben. Auf der einen Seite die Fahrplanprozesse, die sehr lange zeitliche Vorläufe benötigen, und auf der anderen Seite die „Bau“-Prozesse, die teilweise sehr kurzfristig reagieren müssen. Mit Containern stellen wir proaktiv Sperrpausen zur Verfügung und planen diese mit viel Vorlauf im Fahrplan ordentlich im Voraus. Die Instandhaltungsarbeiten können dann ihren Bedarf darin auch kurzfristig abwickeln. Da die Instandhaltungs-Container, kurz IH-Container, sehr regelmäßig vorhanden sind, ist die Trefferwahrscheinlichkeit hoch. Derzeit liegen wie bei über 80 Prozent.

Auch Investitions-Bautätigkeiten werden wir in wenigen, dafür größeren Sperrpausen, die wir „Invest-Container“ nennen, bündeln. Die Invest-Container sind die Weiterentwicklung des bereits eingeführten Konzepts der Generalsanierung auf die weiteren Kernnetz-Strecken jenseits der Hochleistungskorridore. Statt eine Strecke immer wieder für kleinteilige Erneuerungsarbeiten zu sperren, bündeln wir diese in einer Sperrung. Danach ist die Strecke für einen bestimmten Zeitraum frei von Investitions-Bautätigkeiten.

Welche weiteren Schritte sind geplant?

Seit Juli 2024 laufen unsere Instandhaltungsaktivitäten nach dem neuen Konzept. Seitdem wickeln wir über 80 Prozent der Maßnahmen innerhalb der vorgegebenen Zeitfenster, den Instandhaltungs-Containern, oder im Rahmen bereits geplanter Sperrungen ab. Das Ergebnis: Die unterjährigen baubedingten Fahrplananpassungen werden dieses Jahr voraussichtlich 450.000 Züge weniger betreffen als 2024. Im Vorjahr waren das insgesamt 2,8 Millionen Züge.

Die Invest-Container wirken zum Fahrplanjahr 2027 – auch hier wurde schon intensiv gearbeitet, wegen der langen Vorlaufzeiten setzt die Wirkung etwas später ein als bei den IH-Containern. Denn hier müssen wir technische Planungsvorläufe sowie gesetzlich erforderliche Abstimmungen mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen in die Wege leiten. Gleichwohl achten wir bereits jetzt darauf, die Investitions-Bautätigkeiten besser zu bündeln. Die Invest-Container können bereits in den Netzfahrplan, der eine koordinierte Planung und Abstimmung aller Zugfahrten auf dem gesamten Schienennetz umfasst, eingearbeitet werden. Unterjährig sind dann weniger Fahrplan-Anpassungen nötig.

Was ist das größte Hindernis bei diesem Projekt?

„Bauen im Takt“ betrifft nahezu jeden im Systemverbund Bahn. Das sind alle Kolleg:innen, die bauen, und alle Kolleg:innen, die fahren und planen. Sogar das Finanzressort ist gefragt, da wir die Investitionsmittel konzentrierter in den Invest-Containern verbauen. In dieses System derart grundlegend einzugreifen, wie wir es mit der Einführung des Containerprinzips getan haben, war und ist eine große Kraftanstrengung mit unzähligen Hindernissen. Dass wir es geschafft haben, diese gemeinsam zu bewältigen, ist eine große Teamleistung, die mich persönlich freut und auch stolz macht. Die nächste große Aufgabe, die es nun anzupacken gilt, ist die Einführung der Invest-Container ab 2027. Die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren und ich bin überzeugt, dass es auch hierbei zu einer erfolgreichen Umsetzung kommen wird.

Ich bin schon lange bei der Bahn – und kenne wenige Projekte, die die Bahn schneller und nachhaltiger verändern.

Wo steht das Projekt aktuell?

Das Programm „Bauen im Takt“ existiert nun seit knapp zwei Jahren. Die IH-Container sind eingeführt, Regelwerke und Prozesse angepasst. Dass nicht alle Prozesse dabei von Beginn an reibungslos ineinandergreifen, ist bei so großen und komplexen Projekten nicht unüblich. Zu tun haben wir also noch jede Menge. Und ob die Invest-Container funktionieren, wie wir es uns ausgedacht haben, sehen wir erst ab Dezember 2026 nach dem Fahrplanwechsel. Ich bin da aber sehr zuversichtlich, wenn ich mir den aktuellen Stand ansehe.

Bitte vervollständigen Sie diesen Satz: „Wir brauchen für dieses Projekt…“

… vor allem Disziplin, Mut, Teamgeist und Freude. Bis die Verbesserungen für die Fahrgäste und Eisenbahnverkehrsunternehmen überall spürbar werden, wird es zwar noch etwas dauern. Aber in ein paar Jahren werden wir sehen: Es hat sich gelohnt. Und Mitarbeitende werden sagen: „Weißt Du noch, wie es früher war? Kann ich mir gar nicht mehr vorstellen…“.