Echte Handarbeit: Wie die Ziegel für die Elstertalbrücke entstehen

Artikel: Echte Handarbeit: Wie die Ziegel für die Elstertalbrücke entstehen

Seit letztem Jahr ist die Sanierung der zweitgrößten Ziegelbrücke der Welt in der heißen Phase. Während oben und unten weiterhin Züge fahren, wird die Elstertalbrücke im Vogtlandkreis unter rollendem Rad saniert. Rund 36.000 Ziegel müssen an dem Denkmal ausgetauscht werden. Diese Spezialanfertigungen stellt ein kleiner Betrieb im sächsischen Nossen her.

Mit ordentlich Schwung nimmt der Ziegelei-Mitarbeiter einen Batzen Ton und schmiert ihn in eine Holzform. Mit kräftigen Händen drückt er die Masse in der Form fest und schneidet mit einem dünnen Draht das überstehende Material ab. Anschließend löst er die künftigen Ziegel aus der Form und legt sie auf ein Brett zu den anderen im Regal hinter sich.

Von hier wandern die handgefertigten Rohlinge anschließend in den Brennofen. „Etwa 200 bis 220 Ziegel formt ein Mitarbeiter auf diese Weise pro Tag“, sagt Geschäftsführer Ralf Huber vom Ziegelwerk Huber. Das Unternehmen gibt es schon seit 1830 und Huber strotzt vor Erfahrung. „Ich habe mir die Feuersprache der Ziegel an der Brücke angesehen“, sagt er. Und er habe dabei auch beobachtet, wie sich die Brücke bewegt, wenn oben ein Zug drüberfährt. In Sachen Ziegelbauwerk macht ihm so schnell niemand etwas vor.


  von

Die ersten Ziegel sind schon fertig. Die Projektleiterin der Baustelle Elstertalbrücke, Elke Hering, ist zum Vor-Ort-Termin in der Ziegelei, um sich die fertigen Ziegel und die Produktionsbedingungen anzusehen. „Wir setzen auf die Erfahrung unserer Auftragnehmer“, sagt sie. Die für die Bauarbeiten zuständige Firma, die Glass Bau GmbH, hat schon öfter mit dem Nossener Ziegelwerk zusammengearbeitet. Die Qualität habe stets überzeugt und nicht zuletzt haben die Sachsen schon Erfahrungen mit der Schwesterbrücke gesammelt: der größten Ziegelbrücke der Welt, der Göltzschtalbrücke.

Kein Ziegel gleicht dem anderen, das sei wichtig, um den typischen Eindruck der mehr als 170 Jahre alten Brücke zu bewahren. Der Austausch der Ziegel ist notwendig geworden, weil es durch Witterungseinflüsse Defekte gibt. Dabei sind an einigen Stellen die Schäden so umfangreich, dass reine Oberflächenbehandlungen nicht mehr ausreichend sind und die Ziegel entfernt und durch die neu hergestellten ersetzt werden müssen. Huber hat sich mit seinem in der Branche vergleichsweise kleinen Ziegelwerk auf Denkmalschutz spezialisiert. Für die Elstertalbrücke arbeitet er mit historischen Vorgaben und Originalmustern.

Gut im Zeitplan

Für das Bauteam der DB Netz ist der Ziegelaustausch nur einer von vielen Aspekten der rund 50 Millionen Euro teuren Brückeninstandsetzung. Bereits abgeschlossen ist die Einrichtung einer Überleitstelle, um den einspurigen Baustellenverkehr zu gewährleisten. Ebenfalls fertig ist der Aufbau des Gerüstes. Mit rund 27.000 Quadratmetern Fassadengerüst und etwa 75.000 Kubikmetern Raumgerüst ist es das größte Gerüstvorhaben in Deutschland. Außerdem wurden schon diverse Kabel-, Tiefbau und Verbauarbeiten abgeschlossen und Signale und Maste errichtet. Erste Gleisrückbauarbeiten haben schon begonnen.

Bis Ende 2024 soll die Fahrbahnwanne oben auf der Brücke erneuert sein. Geplant ist, die Generalinstandsetzung der Elstertalbrücke bis Dezember 2025 abzuschließen.

Elstertalbrücke: Gigant im Vogtland

Die Elstertalbrücke im Vogtland ist mit rund zwölf Millionen verbauten Steinen die zweitgrößte Ziegelsteinbrücke der Welt. Das von 1846 bis 1851 errichtete Bauwerk ist 68 Meter hoch, 270 Meter lang und besitzt zwei Etagen. In der zweiten Etage fahren die Züge der Strecke Leipzig–Hof über das Elstertal und unten entlang des Flusses die Züge der Strecke Gera–Weischlitz. Die Brücke wird mit ihren acht großen und zehn kleinen Bögen von neun Pfeilern getragen und steht unter Denkmalschutz. Seit 2012 ist die Strecke elektrifiziert. Nach der Sanierung können Züge mit bis zu 160 km/h über die Brücke fahren.