Que(e)r durch Deutschland: Mit einem bunten Zug der Vielfalt

Artikel: Que(e)r durch Deutschland: Mit einem bunten Zug der Vielfalt

Im Zug unterwegs von Hamburg nach Berlin und zurück mit einem bunten Programm rund um Diversity und die Arbeitgeberin Deutsche Bahn. Dieses Projekt hat sich eine Gruppe Hamburger Azubis ausgedacht und zum Diversity-Tag am 31. Mai umgesetzt. Wir haben mit dem Projektkoordinator über die Motivation der Auszubildenden gesprochen, was hinter Diversity steckt und warum es wichtig für die DB ist, sich mit dem Thema zu beschäftigen.

Frank Heller ist Ausbildungsfachkoordinator und zuständig für die Berufsausbildung Eisenbahner im Betriebsdienst Fachrichtung Lokführer und Transport in Hamburg.

Wie sind die Auszubildenden auf die Idee gekommen, ein Programm zum Thema Diversity umzusetzen?

Das ist eine längere Geschichte. Die allerersten Gedanken sind im Zuge eines Seminars zur sozialen Methoden Kompetenz entstanden. Das ist ein Pflichtseminar für die Auszubildenden im ersten Lehrjahr. Dort ist das Konzernprojekt “BahnAzubis gegen Hass und Gewalt - Für ein tolerantes Miteinander” vorgestellt worden, woraufhin sich die Gruppe zum ersten Mal Gedanken darüber gemacht hat, was sie gesellschaftsrelevantes umsetzen möchte. Nachdem die Hamburger Azubis den Regenbogen-ICE, den es seit dem 9. Juli 2021 gibt, zu seiner Jungfernfahrt von Hamburg bis nach Nürnberg fahren durften, ist letztendlich die Idee entstanden, dieses Jahr zum Diversity-Tag ein Projekt durchzuführen, in dem wir auf Diversity aufmerksam machen und erklären, was Diversität überhaupt bedeutet.

Azubis Simon Bluhm, Lenart Sandleben und Jason Trovela von der Projektgruppe.

Um wen handelt es sich bei den Azubis und was haben sie während der Fahrt angeboten?

Das sind Azubis des mittlerweile zweiten Lehrjahres, sie werden alle Lokführer und sie alle kommen aus dem Hamburger Raum. Auf der Hinfahrt boten sie fünf Stationen unter dem Motto Diversity an. Verschiedene Referenten hielten Vorträge zu Geschlechterrollen, welche Orientierung gibt es überhaupt, was beinhaltet Diversity bei der DB. Weitere Themen waren Gewalt gegen sexuelle Minderheiten und gesetzliche Grundlagen. Auf der Rückfahrt haben wir uns als DB vorgestellt und Tipps gegeben, wie ein Vorstellungsgespräch geführt wird. Mit einer VR-Brille konnten unsere Gäste einen virtuellen Blick in die Berufe erlangen, die die DB anbietet. Und in einer Plauderecke standen die Azubis Rede und Antwort. Ein Diversity-Quiz rundete die Rückfahrt ab. 

Unsere Gäste haben wir direkt über drei Hamburger Schulen gewonnen, die Diversity-AGs anbieten. Die Schüler konnten sich bewerben und sind anschließend von ihren Lehrern für die Fahrt ausgewählt worden. Insgesamt hatten wir 90 Gäste an Bord, 10 Lehrer:innen und 70 Schüler:innen und interessierte Mitarbeitende.

In der Gruppe der Azubis sind ausschließlich Jungs, so richtig divers aufgestellt ist sie selbst nicht, oder?

Ja, das stimmt. Leider. Gerade bei den Lokführern ist der Frauenanteil sehr gering. Für Hamburg kann ich sagen, dass wir gerade einmal 3,4 Prozent Frauen haben, die diesen tollen Beruf lernen und ausüben. Bundesweit sieht es etwas besser aus, da sind es immerhin 4,6 Prozent.

Woher nehmen die Auszubildenden ihre Motivation für dieses Projekt? 

Die Azubis erleben, dass sie alle verschieden sind und so angenommen werden, wie sie sind. Sie wissen, dass es nicht in allen Bereichen der Gesellschaft oder bei allen Arbeitgeber:innen und vielleicht sogar nicht einmal DB-weit so gelebt wird. Und sie sind der Auffassung, dass ein diverses Team besser zusammen arbeitet, als ein “eintöniges” Team. Und auch den Leitspruch der Bahn haben sie verinnerlicht: Niemand soll aufgrund von sexueller Neigung, Religion, Alter, Geschlecht, sexueller Identität, politischer Orientierung, physischer und psychischer Fähigkeiten benachteiligt werden. Dafür steht die DB und das erleben sie auch.

Ist der Diversity-Gedanke bei der DB allgemein schon angekommen?

Ich glaube, in vielen Bereichen ist er angekommen, aber da muss noch gearbeitet werden. Aber in den letzten 10 bis 15 Jahren hat sich gesellschaftlich enorm viel getan und eben auch bei der DB. Homosexuelle Paare beispielsweise gehören heute zur akzeptierten Realität. Noch nicht bei allen, aber doch beim überwiegenden Teil der Gesellschaft.

Warum ist es für die Bahn wichtig, Diversität zu leben?

Wir machen das ja schon in großem Maßstab. Wir haben über hundert verschiedene Nationalitäten bei uns. Und wir wollen aus allen Schichten der Bevölkerung Menschen haben, die bei uns arbeiten, das ist ganz wichtig. Über kurz oder lang fahren ja auch alle Menschen mit der Bahn. Es ist schon oft gesagt worden, aber es stimmt: Die DB ist ein Spiegel der Gesellschaft. Und unser Konzern ist riesengroß, wir haben Kolleginnen und Kollegen im Alter von 14 – 67 und die müssen und wollen wir alle mitnehmen. Nicht nur die jungen, sondern auch die etwas älteren. Das ist der Spagat, den wir als Konzern machen müssen.

Wie viel Zeit haben die Azubis in etwa in das Projekt investiert?

Wir haben im September angefangen, uns intensiv um dieses Projekt zu kümmern und am 31. Mai war die Fahrt. Grob kann man sagen, dass wir uns alle 14 Tage für zwei Stunden getroffen haben.