Was macht eigentlich ... ein Industriekletterer?

Artikel: Was macht eigentlich ... ein Industriekletterer?

Ob in luftigen Höhen, verwinkelten Dachkonstruktionen oder engen Schächten – wo die normale Gebäudereinigung an ihre Grenzen gerät, sind sie zur Stelle: die Industriekletterer von DB Services Nord. Gemeinsam mit Industriekletterer Ramazan Asik begeben wir uns auf das Dach der DB Zentrale in Hamburg City-Süd.

Im März waren die Industriekletterer von DB Services Nord in Hamburg City-Süd, um die Fassaden der Hammerbrookhöfe zu reinigen. In 40 Meter Höhe wagten Ramazan Asik und sein Team den Absprung – und das insgesamt 204 Mal.

Auf die Idee, Industrieklettern in das Portfolio von DB Service aufzunehmen, brachten Asik seine täglichen Erfahrungen in der Gebäudereinigung. Seit 1993 ist er bei DB Services und hat 2010 die Lehre zum Meister abgeschlossen: „Die Arbeit mit sperrigen Gerüsten und Hebebühnen ist aufwendig und zeitintensiv“, erklärt er. „Außerdem ist nicht jede Stelle gleich gut erreichbar.“ Die Seilzugangs- und Positionierungstechnik (SZP), wie die Arbeitsweise im Fachjargon heißt, brachte schließlich die Wende.

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2014 hat Ramazan Asik den Grund- und Aufbaukurs zum Höhenarbeiter abgeschlossen. Horizontale und vertikale Klettertechniken, Knotenkunde, Rettungstechniken, sowie die richtige Auswahl und Anbringung von Ankerpunkten zum Abseilen gehörten zu den Inhalten der ersten beiden Ausbildungsstufen.

Bevor er die letzte Ausbildung zum „Aufsichtsführenden Höhenarbeiter“ antreten konnte, brauchte er jedoch Praxiserfahrung. In den Anfangsjahren begleitete ihn daher ein externer Kletterer, der für die Bauleitung dazugekauft werden musste. Heute darf er selbst die Aufsicht führen und leitet ein dreiköpfiges Team. Worauf er besonders stolz ist? „Jeder von uns hat mittlerweile das Level 3 als Kletterer erreicht. Damit sind wir unabhängig und können unseren Nachwuchs selbst ausbilden.“

Der Weg war also frei, um sein eigenes Team innerhalb von DB Services auf die Beine zu stellen. Wertvolle Unterstützung erhielt er von Servicebereichsleiter Rüdiger Fiedler: „Mir wurde vom ersten Tag an freie Hand gelassen“, erinnert sich Asik. „Als wir dann mehr und mehr Aufträge erhielten, durfte ich mich voll und ganz darauf konzentrieren.“

Und der Prozess ist noch lange nicht abgeschlossen: Für die Zukunft wünscht Asik sich eine eigene Kletterhalle, in der sie Aus- und Weiterbildungen rund um das Klettern geben können. Davon würde nicht nur seine Einheit profitieren, sondern alle Berufe, für die ein PSAgA-Schein (Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz) nötig ist, wie zum Beispiel Monteur:innen, Techniker:innen oder die Schädlingsbekämpfung.

Jemand, der seine Berufung gefunden hat

Außerdem würde er sich noch über viel mehr Aufmerksamkeit von Seiten der technischen Gewerke freuen. „Innerhalb des Konzerns verbinden uns die meisten mit Gebäudereinigung, dabei sind wir auch handwerklich versiert“, so Asik. Die Einsatzgebiete und Aufgaben seines Teams beschreibt er als ungemein abwechslungsreich. Mal kraxeln sie die Stufen eines Windrads hoch, seilen sich in Müllverbrennungsanlagen ab oder begeben sich auf ein Kreuzfahrtschiff, um eine ca. 30 Meter hohe Kunstinstallation Stück für Stück zusammenzusetzen.

2018 hat Asik sich einen kleinen Traum erfüllt und sich vom Dach des Colonia-Hauses in Köln aus 130 Meter Höhe abgeseilt. „Das Abseilen war ehrlich gesagt gar nicht so besonders. Aber als ich mich ungefähr in der Mitte befand und hochschaute, konnte ich das Ende des Seils nicht mehr sehen – das war schon irre.“ Die Kirsche auf der Sahne war natürlich die großartige Aussicht auf Köln und den nahegelegenen Rhein.

Hört man Asik zu, merkt man schnell: Hier hat jemand seine Berufung gefunden.