Vom Stellhebel zum Mausklick: Wie die Bahn in ihrem Schienennetz täglich 40.000 Züge steuert

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Artikel: Vom Stellhebel zum Mausklick: Wie die Bahn in ihrem Schienennetz täglich 40.000 Züge steuert

2.600 Stellwerke bundesweit im Einsatz • 13.000 Fahrdienstleiter stellen Weichen und Signale • Großteil der Züge elektrisch oder elektronisch gesteuert • Zukunft gehört den digitalen Stellwerken

Mehr als 40.000 Züge im Personen- und Güterverkehr sind tagtäglich auf dem deutschen Schienennetz unterwegs. Sie bringen Millionen Reisende von A nach B oder Güter zur rechten Zeit zu ihrem Bestimmungsort. Rund 13.000 Fahrdienstleiter in über 2.600 Stellwerken steuern die Züge.

Digitale Stellwerke (DSTW). DSTW sind neben dem European Train Control System (ETCS) Kernelemente der Digitalen Schiene Deutschland für mehr Kapazität im Schienennetz. Charakteristisch für die neueste Stellwerksarchitektur ist, dass die Stellbefehle an Weichen, Signale oder Gleiskontakte digital über Netzwerktechnik übermittelt werden. Bisher erforderliche individuelle Verbindungen zu einzelnen Stellelementen über teils kilometerlange Kabelbündel entfallen. Die Fahrdienstleiter können dank der digitalen Technik große Bereiche komfortabel an einem Bildschirmarbeitsplatz überwachen. Signale und Weichen werden per Mausklick gestellt. Künftig sollen wenige hundert DSTW den gesamten Bahnbetrieb verlässlich steuern. 2018 ging das in Annaberg-Buchholz das erste in Betrieb. Nummer zwei in Warnemünde ist seit Herbst letzten Jahres am Start. Drei weitere DSTW folgen sukzessive bis 2023.

Elektronische Stellwerke (ESTW). Bei dieser Bauart sehen Fahrdienstleiter die Gleispläne der Bahnhöfe und Streckenabschnitte, für die sie zuständig sind, ebenfalls auf Bildschirmen. Sie arbeiten in bundesweit acht Betriebszentralen und stellen per Mausklick Signale und Weichen für größere regionale Bereiche. Durch die ESTW hat die DB seit den 1980er Jahren einen höheren Automatisierungsgrad in der Betriebsführung erreicht.

Relaisstellwerke. Gleispläne der Bahnhöfe und der angrenzenden Streckenabschnitte sind bei diesem elektrischen Stellwerk schematisch auf sogenannten Stelltischen abgebildet. Hier werden alle Bedienhandlungen vorgenommen und Betriebszustände angezeigt. Die Gleise werden überwiegend automatisch frei gemeldet. Das erste rein elektrische Stellwerk ging 1949 ans Netz. Signale und Weichen können in einer Entfernung bis zu sieben Kilometern gestellt werden.

Elektromechanische Stellwerke. Mechanische Bedienhandlungen des Personals werden hier in elektrische Impulse umgewandelt – sprich: Weichen und Signale stellen sich elektrisch um. Der Fahrdienstleiter sieht die Anlagen im Stellwerk über verschiedenfarbige Schalter und Lichtpunkte. Er überzeugt sich in der Regel per Augenschein davon, dass die Gleise für die Zugfahrten frei sind. Elektromechanische Stellwerke sind seit Beginn des 20. Jahrhunderts bei der Deutschen Bahn im Einsatz.

Mechanische Stellwerke. Bei der historisch ältesten Bauart ist Muskelkraft gefragt, denn Signale und Weichen werden über Hebel und Drahtzüge per Hand gestellt. Die Streckenabschnitte, für die der Fahrdienstleiter in seinem Stellwerk verantwortlich ist, sind daher vergleichsweise klein. Weichen können bis zu 800 und Signale bis maximal 1.800 Meter Entfernung gestellt werden. Der Fahrdienstleiter überzeugt sich per Augenschein davon, ob das Gleis, in das ein Zug fahren soll, frei ist. Größere Bahnhöfe erfordern mehrere dieser Stellwerke. Die ersten gingen Ende des 19. Jahrhunderts in Betrieb.

Örtlich gestellte Weichen / Signale. In der Frühzeit der Eisenbahn gab es nur wenige Strecken. Die Mitarbeiter stellten die Signale und Weichen einzeln jeweils vor Ort. Mit zunehmender Dichte des Schienennetzes und Zugverkehrs war es jedoch bald notwendig, technische Abhängigkeiten zu schaffen und die Bedieneinrichtungen in Stellwerken zusammenzufassen. Örtlich gestellte Weichen sind heute nur noch vereinzelt, etwa in Abstellanlagen oder Rangiergleisen, zu finden.


Anzahl Stellwerke in Deutschland nach Bauart
(Quelle: Daten aus dem Infrastrukturzustandsbericht 2018)

Bauform

Anzahl

Anteil am Gesamtbestand

Mechanische Stellwerke

668

25%

Elektromechanische Stellwerke

298

7%

Relais- / Drucktastenstellwerke

1.234

47 %

Elektronische Stellwerke

375

14%

Sonstige Bauformen

61

3 %

Gesamt2.636